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Frühe Arbeiten

 

...In allen Arbeiten von Heinrich Deleré wird die Farbe zu einem beinahe alles bestimmenden Bildelement. Sie löst die mehr oder weniger realistischen Bilder auf. Und setzt ihnen eine eigenständige Wirklichkeit gegenüber. Die Farbe schafft räumliche Tiefenstrukturen und unendlich scheinende Bildräume. Sie ordnet sich keiner bekannten Perspektive mehr unter. Es sind dynamische Farbräume, die den Betrachter einnehmen. Aber es geht noch einen Schritt weiter. Die Farbe ist in diesen Bildern zu Licht geworden. Diese Bilder wirken so wie Ausschnitte aus einem farbigen, lichtdurchfluteten Kontinuum…

-Dr. Falko Herlemann, Kunsthistoriker-

 Da vermischt sich ein QR Code mit einem Fingerabdruck. Fetzen von Namen wie Zucker..“ tauchen auf. Ein bekanntes Logo eines Internetkonzern schwebt über einem handschriftlichen Text auf. Dazwischen zeichnen sich sowohl Pilze als auch mathematische Formeln ab. In den neuen Bildern von Heinrich Deleré stehen bekannte Zeichen der neuen digitalen Welt im Mittelpunkt.

 

Wahrscheinlich“ thematisiert die mathematische Beschreibung des Zufalls. Beinahe chaotisch treffen sich im Bild verschiedene gestische Linienfolgen, Kreuze und unbestimmte mathematische Formeln. Die Bildebenen der Zeichen verschwimmen, sie vermischen sich zu einer nicht mehr lösbarer Gesamtheit. Nur noch der harmonische Farbklang des Bildes hält sie zusammen. Lässt sich der Zufall mathematisch beschreiben? Deleré ist sich nicht sicher.

 

In „Antworten“ treffen sich zwei Systeme, Informationen abzurufen: Der QR Code, ursprünglich aus der Warewirtschaft der japanischen Autoindustrie, ist ein digitales System aus schwarzen und weißen Quadraten, über die Daten abgefragt werden können. Bei Heiner Delere löst sich das schwarz-weiße Muster in farbige Texture auf. Diesem angedeuteten Code unterliegt die charakteristische Linienfolge eines Fingerabdrucks, der bei jedem Menschen verschieden ist. Hier treffen unterschiedliche Zeichenwelten aufeinander: Individualität und Norm. Deleré verwebt sie zu einem Wechselspiel von geschwungenen und rechtwinkeligen Formen.

 

Zuckerberg“ nennt den Gründer des pseudo-sozialen Netzwerks beim Namen. Die Welt ist aufgelöst in eine Folge von Nullen und Einsen, digitale Zahlenfolgen, mit denen heute die Welt beschrieben wird. In Delerés Bild vermischen sie sich mit organisch wirkenden Linien, die sich wie ein Fluss durch das Bild ziehen. Die halten das Bild, wenn nicht die Welt, in Bewegung. Dazwischen taucht schemenhaft das Wort „tal“ auf, eine ironische Anspielung auf den Namen des facebook-Gründers.

 

In „Freund“ wird das handschriftlich geschriebene Wort rot hervorgehoben. Es erscheint als ein altertümliches Relikt gegen die verschiedenen Zeichen aus der digitalen Welt: Das Logo eines sich sozial gebenden Internetkonzern, der aus realen Freunden virtuelle „follower“ gemacht hat. Buttons, die auf die digitale Kommunikation verweisen, eine Gans als Symbol für Geschwätzigkeit und ein Pils als Symbol für unterirdische Vernetzung sind mit einem handschriftlichen Text verwoben. Diese Ebenen der Bilder und Zeichen vermischen sich in Delerés Bild.

 

Relikte“ zeigt scheinbar einen Blick auf die Welt. Nur noch schemenhaft zeichnet sich eine natürliche Landschaft ab. Da ragen kahle baumstammartige Gebilde in den Himmel. Schwebende Wolkenformationen werfen Schatten. Ein Geflecht aus vertikalen horizontalen Linien zeichnet sich ab. Die Vegetation scheint die Erde verlassen zu haben. Wo bleiben die Tiere? Wo der Mensch? Delerés Bild erinnert an einen flüchtigen Blick aus der Höhe auf eine zerstörte Erde. Delerés neue Bilder leben aus den Kontrasten. Den schematisierten Zeichen der Zeit steht die Malerei gegenüber. Linien, Flächen, gestische Elemente, malerische und grafische Strukturen, nicht zuletzt die Farbe bilden eine eigene Welt gegenüber dem digitalen Schein. Heinrich Deleré thematisiert in seinen Bildern keine altbekannten kulturpessimistischen Anklagen gegen das digitale Zeitalter, sondern entführt den Betrachter in eine Welt der Zeichen und Assoziationen, die immer offen bleibt.

 

© Kunsthistoriker Dr. Falko Herlemann, Herne